Reliquien : Turiner Grabtuch - quid novi?
Stammt es nun aus Jesus' Grabmal, oder ist es einfach nur eine hoch geschätzte Fälschung? Der Streit um das Turiner Grabtuch geht jetzt mit weiteren wissenschaftlichen Erkenntnissen in eine neue Runde.
Es ist eine der wertvollsten Reliquien des Christentums, und seine Geschichte liest sich spannender als ein Krimi – das Turiner Grabtuch. Nichts weniger als den toten Leib Jesu soll es bedeckt haben.
Und in der Tat: Die blutgetränkten Umrisse auf dem Stoff gleichen den bildlichen Darstellungen des christlichen Heilands. Aber es gibt keine gesicherten Aussagen oder Schriften, die seine zweitausendjährige Existenz belegen könnten. Einzelne – strittige – Sichtmeldungen stammen zwar schon aus dem sechsten Jahrhundert, aber erst seit 1357 lässt sich die Spur des Tuches zweifelsfrei verfolgen. Damals präsentierten es König Johann der Gute und Ritter Geoffroy de Charny erstmalig dem Volke in einer französischen Kirche – nachgewiesen durch eine Pilgermedaille.
Genetische Analysen der Blutspuren als Beweismittel kommen allein schon mangels Vergleichsmaterials nicht in Frage. Aber ließen sich nicht ebenso das Alter des antiken Stücks durch die Mittel moderner Technik entschlüsseln und damit der Zeitraum der Entstehung eingrenzen?
Natürlich hat man im 20. Jahrhundert einiges versucht, um dem Grabtuch seine Geheimnisse zu entreißen: Im Jahr 1973 kamen Forensiker zu dem Schluss, der Stoff enthielte keine Blutspuren. Fünf Jahre später wiesen Serologen doch diesen besonderen Lebenssaft nach. Dann sollten Pollenanalysen die Herkunft des Gewebes aus dem Vorderen Orient belegen. Und 1988 schließlich wagten sich die ersten Forscher an Radiokarbondatierungen.
Sie kamen allerdings zu einem vorerst ernüchternden Ergebnis für die Gemeinde der Gläubigen: Alle drei untersuchten Proben datierten mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent in die Zeit von 1260 bis 1390 – just in diesen Jahren trat auch das Grabtuch erstmals gesichert auf. Alles eine Fälschung also?
Überzeugte Anhänger der Reliquie suchten daher nach möglichen Erklärungsansätzen. Und fanden sie auch: Wahlweise Brandspuren, Reinigungsmittel oder Pilze und Bakterien führten durch Verunreinigungen zu einer Verzerrung der Daten und damit zu einer "Verjüngung" des Stoffes.
In der Tat hat das Heiligtum in all den Jahrhunderten die Wirren der Zeiten überstanden und entging dabei mindestens zweimal den Flammen. Beim letzten Brand 1997 rettete der italienische Feuerwehrmann Mario Trematore das Tuch in letzter Sekunde aus der lodernden Kirche.
Diese Brände könnten allerdings jetzt neue Hoffnungen für die Jünger des Tuches wecken. Denn wie nun der Chemiker Raymond Rogers vom Los Alamos National Laboratory herausgefunden hat, verfälschten die Feuer tatsächlich die Messergebnisse. Allerdings in einer gänzlich anderen Weise als bislang gedacht.
Nachdem ein Kirchenbrand 1532 das Grabtuch angesengt hatte, wurde es von Nonnen restauriert. Sie schlossen die randlichen Brandlöcher mit Flicken aus so genanntem Holländischen Tuch. Und just diese Stoffe wurden anscheinend mit der Radiokarbondatierung untersucht. Denn sowohl sie als auch die Proben enthielten einen Stoff namens Vanillin, das restliche Grabtuch selbst aber nicht!
Das Vanillin entsteht, wenn Lignin unter Wärmeeinfluss zerfällt. Dabei nimmt sein Gehalt in Leinen im Laufe der Zeit ab, sodass anhand des noch vorhandenen Vanillins eine grobe Abschätzung des Alters möglich ist. Da die Verbindung im Grabtuch aber ebenso fehlt wie in sicher datierten anderen Leinen-Textilien aus der Umgebung des Toten Meeres und dem weiteren Nahen Osten, muss es nach Ansicht des Forschers weit älter sein, als durch die Radiokarbonmessung ermittelt.
Nach Rogers Schätzung liegt somit das tatsächliche Alter der Reliquie zwischen 1300 und 3000 Jahren – und das Turiner Grabtuch könnte daher tatsächlich den toten Heiland bedeckt haben. Die Zahlen zeigen aber eine ziemliche Spannbreite, weswegen der Forscher auch eine neue Radiokarbondatierung des Originalmaterials vorschlägt. Die Fortsetzung des Wissenschaftskrimis scheint also gewiss: Die Spannung steigt!
Und in der Tat: Die blutgetränkten Umrisse auf dem Stoff gleichen den bildlichen Darstellungen des christlichen Heilands. Aber es gibt keine gesicherten Aussagen oder Schriften, die seine zweitausendjährige Existenz belegen könnten. Einzelne – strittige – Sichtmeldungen stammen zwar schon aus dem sechsten Jahrhundert, aber erst seit 1357 lässt sich die Spur des Tuches zweifelsfrei verfolgen. Damals präsentierten es König Johann der Gute und Ritter Geoffroy de Charny erstmalig dem Volke in einer französischen Kirche – nachgewiesen durch eine Pilgermedaille.
Bereits 1578 gelangte der wertvolle Stoff nach Turin, wo er bis heute aufbewahrt wird. Jedes Jahr am 4. Mai hält man eine Messe zu Ehren des heiligen Gewebes ab, und dann und wann wird es auch den Gläubigen präsentiert. Zweifler, Häretiker und Wissenschaftler stellten jedoch immer wieder die Authentizität des Tuches in Frage. Als Alternative zog man auf den Leinen etwa das Abbild von Jacques de Molay, dem letzten Großmeister des Templerordens, in Betracht, der während seiner Folterungen in eine ähnliche Ummantelung gehüllt wurde. Möglich wäre auch eine gelungene Fälschung eines mittelalterlichen Künstlers.
Genetische Analysen der Blutspuren als Beweismittel kommen allein schon mangels Vergleichsmaterials nicht in Frage. Aber ließen sich nicht ebenso das Alter des antiken Stücks durch die Mittel moderner Technik entschlüsseln und damit der Zeitraum der Entstehung eingrenzen?
Natürlich hat man im 20. Jahrhundert einiges versucht, um dem Grabtuch seine Geheimnisse zu entreißen: Im Jahr 1973 kamen Forensiker zu dem Schluss, der Stoff enthielte keine Blutspuren. Fünf Jahre später wiesen Serologen doch diesen besonderen Lebenssaft nach. Dann sollten Pollenanalysen die Herkunft des Gewebes aus dem Vorderen Orient belegen. Und 1988 schließlich wagten sich die ersten Forscher an Radiokarbondatierungen.
Sie kamen allerdings zu einem vorerst ernüchternden Ergebnis für die Gemeinde der Gläubigen: Alle drei untersuchten Proben datierten mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent in die Zeit von 1260 bis 1390 – just in diesen Jahren trat auch das Grabtuch erstmals gesichert auf. Alles eine Fälschung also?
Überzeugte Anhänger der Reliquie suchten daher nach möglichen Erklärungsansätzen. Und fanden sie auch: Wahlweise Brandspuren, Reinigungsmittel oder Pilze und Bakterien führten durch Verunreinigungen zu einer Verzerrung der Daten und damit zu einer "Verjüngung" des Stoffes.
In der Tat hat das Heiligtum in all den Jahrhunderten die Wirren der Zeiten überstanden und entging dabei mindestens zweimal den Flammen. Beim letzten Brand 1997 rettete der italienische Feuerwehrmann Mario Trematore das Tuch in letzter Sekunde aus der lodernden Kirche.
Diese Brände könnten allerdings jetzt neue Hoffnungen für die Jünger des Tuches wecken. Denn wie nun der Chemiker Raymond Rogers vom Los Alamos National Laboratory herausgefunden hat, verfälschten die Feuer tatsächlich die Messergebnisse. Allerdings in einer gänzlich anderen Weise als bislang gedacht.
Nachdem ein Kirchenbrand 1532 das Grabtuch angesengt hatte, wurde es von Nonnen restauriert. Sie schlossen die randlichen Brandlöcher mit Flicken aus so genanntem Holländischen Tuch. Und just diese Stoffe wurden anscheinend mit der Radiokarbondatierung untersucht. Denn sowohl sie als auch die Proben enthielten einen Stoff namens Vanillin, das restliche Grabtuch selbst aber nicht!
Das Vanillin entsteht, wenn Lignin unter Wärmeeinfluss zerfällt. Dabei nimmt sein Gehalt in Leinen im Laufe der Zeit ab, sodass anhand des noch vorhandenen Vanillins eine grobe Abschätzung des Alters möglich ist. Da die Verbindung im Grabtuch aber ebenso fehlt wie in sicher datierten anderen Leinen-Textilien aus der Umgebung des Toten Meeres und dem weiteren Nahen Osten, muss es nach Ansicht des Forschers weit älter sein, als durch die Radiokarbonmessung ermittelt.
Nach Rogers Schätzung liegt somit das tatsächliche Alter der Reliquie zwischen 1300 und 3000 Jahren – und das Turiner Grabtuch könnte daher tatsächlich den toten Heiland bedeckt haben. Die Zahlen zeigen aber eine ziemliche Spannbreite, weswegen der Forscher auch eine neue Radiokarbondatierung des Originalmaterials vorschlägt. Die Fortsetzung des Wissenschaftskrimis scheint also gewiss: Die Spannung steigt!
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